Der Tübinger Physiker Claus Jönsson wurde mit seinem Doppelspalt-Experiment zur Elektronen-Interferenz weltberühmt, als es zum schönsten physikalischen Experiment der Menschheit gewählt wurde. Claus Jönsson feierte am vergangenen Dienstag, dem 26. Mai, seinen 90. Geburtstag – das MUT gratuliert herzlich!
Im Jahr 2002 folgten Naturwissenschaftler aus aller Welt einem Aufruf des Organs der englischen physikalischen Gesellschaft „Physics World“. Die Fachzeitschrift beabsichtigte, das schönste physikalische Experiment aller Zeiten ermitteln zu lassen. Dabei war zunächst keineswegs ausgemacht, welcher Versuch als Sieger aus der Umfrage hervorgehen würde. Sicher, es gab eine Reihe von Favoriten. Dazu zählten etwa die Archimedische Schraube, Galileos Fallversuche, Isaac Newtons Prismenexperimente oder das Foucault‘sche Pendel …
Allerdings irritierte das in der Septemberausgabe 2002 publizierte Ergebnis der Umfrage gleich auf mehrfache Weise. Zum einen wurden alle Favoriten auf die Plätze verwiesen, zum anderen war das schönste Experiment gar nicht ohne weiteres sichtbar. Schließlich war auch sein Urheber nicht sofort zu ermitteln: Die Elektroneninterferenz am Doppelspalt war zwar eine bereits anerkannte Vermutung, ihr Beweis stand jedoch seit vielen Jahren aus. Als die Physiker im Anschluss an die Wahl auf die Suche nach den Urhebern dieses Experiments gingen, dachten sie dabei zunächst an japanische Kollegen. Sie sollten den Beweis erbracht haben, dass ein Elektron nicht nur Teilchen- sondern auch Welleneigenschaften besitzt. Das bedeutet, ein Elektron kann gleichzeitig zwei Spalten eines Hindernisses durchdringen – eine für Laien nicht sofort nachvollziehbare Eigenschaft. Es reagiert damit wie eine Welle im Wasser, die durch zwei senkrechte Spalten eines Brettes dringt und zwei Wellenkreise verursacht. Diese Wellenkreise des Elektrons überlagern sich dahinter selbst wieder und zeigen auf Fotoplatten ein Streifenornament. Solche Streifen sichtbar zu machen gelang nun erstmals dem jungen Tübinger Physiker Claus Jönsson zwischen 1957 und 1961 während der Experimente für seine Dissertation „Elektroneninterferenzen an mehreren künstlich hergestellten Feinspalten“.
Die heute noch vorliegenden Belege für dieses Experiment, mehrere sehr kleine Originalfotografien aus einem Größenbereich von Nanometern (Abbildung), erstaunen jedoch mit ihrer die zeitgenössische Kunst der Jahre um 1960 unmittelbar spiegelnden Ästhetik: US-Künstler wie Barnett Newman und die Gruppe der Abstrakten Expressionisten sowie Vertreter der Farbfeldmalerei schufen ebenfalls gegen Ende der 1950er Jahre die gleichen Bilderformeln – und arbeiteten mit dem gleichen Mittel der forschenden Ästhetik.