Der Schatz des Monats Mai ist ein Hausbalken auf Palau.
Elisabeth Krämer-Bannow begleitete ihren Mann Augustin Krämer ab 1906 auf drei Forschungsreisen zu den Südseekolonien des Deutschen Reiches. Er ist bekannt als Begründer des heutigen ethnologischen Instituts der Universität Tübingen. Doch auch Elisabeth Krämer-Bannow arbeitete ethnographisch zum Alltagsleben der Frauen und ihrer handwerklichen Tätigkeiten und dokumentierte die Reisen und örtlichen Gegebenheiten durch Zeichnungen und Fotografien. Ihr 1916 veröffentlichter Bericht „Bei kunstsinnigen Kannibalen in der Südsee – Wanderungen auf Neu-Mecklenburg“ hat zwar eindeutig den Charakter einer Monografie, wurde aber nicht als wissenschaftliche Arbeit publiziert. Sie trug auch mit ihren Illustrationen viel zur Anschaulichkeit des gesammelten Materials in der ethnologischen Sammlung bei und leistete so einen Beitrag zur ethnologischen Forschung ihrer Zeit über das Leben auf den Palau-Inseln und anderer Gebieten der Südsee ohne akademische Anerkennung zu erhalten. Besonders schön setzen ihre farbigen Aquarellbilder einzelne Objekte und deren Herstellung in einen Gesamtzusammenhang, der die materielle Kultur der heutigen Sammlung bildlich einbettet. Darüber hinaus hat sie sich um die Erhaltung von künstlerischer und ideeller Tradition der Bewohner der Paulauinseln verdient gemacht, indem sie in großer Zahl aus Gips Abgüsse von in Holz geschnitzten Geschichten anfertigte.
Die Hausbalken auf Palau waren damals mit farbigen Bildergeschichten verziert, welche zuerst im Flachrelief geschnitzt und dann ausgemalt worden waren. Diese verzierten Balken werden Iogukl genannt und befanden sich an der Außenseite und auf Querbalken im Inneren von Männerklub-Häusern. Die Bilder sind als Illustrationen zu bekannten Geschichten zu verstehen.
Der hier gezeigte erste Ausschnitt einer Bildergeschichte bezieht sich auf eine Erzählung, in der ein Sarg mit einem darin liegenden Toten von einem Riesenkrebs auf den Grund des Meeres gezogen wird. Die zweite hier dargestellten Episode berichtet von einem ursprünglich armen Mann, der es durch seine Geschicklichkeit und seinen Erfindungsreichtum beim Bau der kleinen so genannten „Geisterhäuser“ zu Wohlstand und großem Ansehen gebracht hat. Eine Figur hockt auf einem Bretterstapel neben einem gefällten Baum, der zur Bearbeitung mit dem Werkzeug bereit liegt. Rechts von ihm stehen zwei fertige Häuser mit den markanten nach außen gerichteten Giebeldächern in der Nähe eines roten Felsens. Auf der linken Bildseite geht eine Figur an einer Palme vorbei auf ein weiteres Haus zu.
Der von Krämer-Bannow verwendete Gipsuntergrund kommt der auf den Originalbalken stets als Grundierung aufgetragenen Kalkfarbe sehr nahe. Weil auch die von ihr verwendeten Farben sehr genau denen entsprechen, die für die Originale gebraucht wurden, vermitteln diese Replika einen sehr guten Eindruck der ursprünglichen Holzfriese. Krämer veröffentlichte genaue Beschreibungen von Friesen mit dazugehörigen Geschichten, so dass die materiellen Kunstwerke in Zusammenhang mit ihrer ideellen Bedeutung gesetzt und erhalten wurden. (u.a. nach: Volker Harms).
Jeden Monat präsentiert das Museum der Universität Tübingen MUT | Alte Kulturen einen „Schatz" aus der eigenen Sammlung. Die Daueraktion hat das Ziel, bedeutende und besonders interessante Objekte und Artefakte als solche kenntlich zu machen.